TU Dresden übernimmt Koordination von zwei neuen DFG-Schwerpunktprogrammen
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) richtet 14 neue Schwerpunktprogramme für das Jahr 2020 ein. 50 Initiativen hatten sich um die sechsjährige Förderung beworben. An der Technischen Universität Dresden bekamen gleich zwei Programmkoordinatoren den Zuschlag für neue Forschungsschwerpunkte. Sowohl Thomas Heine, Professor für Theoretische Chemie, als auch Ronald Tetzlaff, Professor für Grundlagen der Elektrotechnik, überzeugten die DFG von ihren Themen.
Ab 2020 können bundesweit Wissenschaftler Anträge einreichen, um sich an den Forschungen zu beteiligen. Ziel der interdisziplinär angelegten Schwerpunktprogramme ist die Untersuchung wissenschaftlicher Grundlagen besonders aktueller oder sich gerade bildender Forschungsgebiete.
Die 14 neuen Verbünde erhalten zunächst für drei Jahre insgesamt rund 85 Millionen Euro. Hinzu kommt eine 22-prozentige Programmpauschale für indirekte Kosten aus den Projekten. Aktuell fördert die DFG 97 Schwerpunktprogramme.
Schwerpunktprogramm „2D-Materialien – die Physik von van der Waals [Hetero-]Strukturen (2DMP)“
2D-Materialien sind eine relativ junge Materialklasse mit großem Potenzial. Der wohl bekannteste 2D-Kristall ist Graphen, das nach seiner erstmaligen Darstellung 2004 lange als „Wundermaterial“ galt. Für ihre grundlegenden Experimente mit Graphen wurden Andre Geim und Konstantin Novoselov von der Universität Manchester 2010 sogar mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet.
Als Koordinator des neuen DFG-Schwerpunktprogramms „2D-Materialien – die Physik von van der Waals [Hetero-]Strukturen (2DMP)“ tritt Prof. Thomas Heine damit in große Fußstapfen. Während es für Graphen schon eine Reihe von Anwendungen gibt, u.a. als Komponente von Smartphone-Displays oder für druckbare Elektronik, sind die zweidimensionalen van der Waals-Strukturen bislang kaum erforscht.
2D-Kristalle sind atomar dünne Verbindungen. Sie sind strukturell flexibel und haben häufig sehr ungewöhnliche Eigenschaften. Stapelt man unterschiedliche 2D-Kristalle aufeinander, spricht man von Heterostrukturen. Die Wechselwirkungen zwischen den Kristalllagen werden als van der Waals-Wechselwirkungen bezeichnet. Diese sind vergleichsweise schwach, beeinflussen das Material jedoch auf spektakuläre Weise. Sie können beispielsweise aus halbleitenden Einzelschichten ein Metall machen.
Ziel des DFG-Schwerpunktprogramms ist es, die Auswirkungen der van der Waals-Wechselwirkungen auf die Materialeigenschaften zu verstehen und neue physikalische Phänomene zu entdecken. Schon heute sind potenzielle Anwendungsgebiete zu erkennen, beispielsweise in der Sensorik oder der Quantenoptik.
Der Forschungsschwerpunkt wird im Wesentlichen von Physikern getragen, Koordinator Professor Thomas Heine erwartet darüber hinaus wichtige Beiträge aus der Chemie (Materialbezug) sowie der Elektronik und Elektrotechnik (elektronische Bauelemente). „Theoretiker und Experimentatoren werden in diesem Programm eng zusammenarbeiten. Nur so können wir neue Phänomene entdecken und die Effekte verstehen. Ich bin als theoretischer Chemiker an Vorhersagen von Phänomenen interessiert. Es ist für mich eine unglaublich spannende Aufgabe, die Forschung von etwa 30 Arbeitsgruppen aus Deutschland zu koordinieren und damit ein brandneues Feld international zu etablieren“, erklärt er.
Dem Koordinationsteam unter Heines Leitung gehören Prof. Janina Maultzsch (FAU Erlangen), Prof. Jaroslav Fabian (Universität Regensburg), Prof. Christoph Stampfer (RWTH Aachen) und Prof. Ursula Wurstbauer (Universität Münster) an.
Schwerpunktprogramm „Memristive Bauelemente für intelligente technische Systeme“
Die Koordination für das zweite von der DFG geförderte Schwerpunktprogramm an der TU Dresden obliegt Prof. Ronald Tetzlaff von der Fakultät Elektrotechnik und Informationstechnik und dreht sich um Memristoren-Forschung.
Memristoren sind speicher- und rechenfähige nanoelektrische Bauelemente. Ihre spezifischen Eigenschaften ermöglichen es, dass deutlich mehr Speicher als bisher auf engsten Raum integrierbar ist und neuartige, biologisch inspirierte Netzwerke zur Informationsverarbeitung geschaffen werden können. Dadurch entstehen elektronische Schaltkreise, deren Leistungsfähigkeit erheblich größer ist als die konventioneller Halbleiterlösungen. Die hocheffizienten und schnelleren Speichertechnologien sind besser als herkömmliche Technologien in der Lage, die Herausforderungen des Internets der Dinge zu meistern. Aufgrund ihrer hohen Effizienz und geringen Größe lassen Memristoren auch die Entwicklung von hochgradig empfindlichen Biosensoren zu, die insbesondere für die Medizintechnik interessant sind. Mit solchen Sensoren können beispielsweise Krebszellen in geringer Konzentration zuverlässig erkannt werden. Memristoren sind zudem besonders für die Darstellung des Lernverhaltens von Synapsen in neuromorphen elektronischen Systemen, also die Entwicklung künstlicher Gehirne, hervorragend geeignet. D.h. künftig können Computer entstehen, die mit Memristoren „denken“ und „lernen“ können. Darüber hinaus ist eine Vielzahl weiterer Anwendungsmöglichkeiten denkbar.
Erst seit ca. zehn Jahren setzen sich Forscher aus Wissenschaft und Industrie intensiv mit der Theorie von Memristoren auseinander, erläutert Ronald Tetzlaff: „Die Forscher, die sich mit Memristoren befassen, können grob in zwei Gruppen unterteilt werden. Die eine beschäftigt sich mit der Herstellung von memristiven Bauelementen. Die andere, kleinere Gruppe, legt ihren Schwerpunkt auf die Theorie solcher Bauelemente. Die Aufgabe von MemrisTec ist es, die beiden Gruppen sowie Forscher weiterer Disziplinen zusammenzubringen, um die wissenschaftlichen Grundlagen des Memristors zu ergründen und eine industrielle Anwendung zu ermöglichen.“ Im Rahmen des Schwerpunktprogramms werden insbesondere Projekte gefördert, bei denen eine Verbindung zwischen theoretischer und experimenteller Forschung im Fokus steht.
Zur Kommission des MemrisTec-Schwerpunktprogramms unter der Leitung von Ronald Tetzlaff gehören Prof. Elisabetta Chicca von der Universität Bielefeld, Prof. Dietmar Fey, FAU Erlangen-Nürnberg, Prof. Thomas Mikolajcik, TU Dresden und NaMLab Dresden sowie Prof. Rainer Waser, RWTH Aachen.