Chancen durch Bioökonomie – Wertschöpfung in der sächsischen Industrie neu denken
Die wachsende Bedeutung der Bioökonomie, ihre Potenziale und das vielfältige sächsische Know-how in diesem Bereich standen am 9. Dezember im Fokus der 1. Sächsischen Bioökonomie-Konferenz in Leipzig. Gut 80 Teilnehmer aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung tauschten sich dazu aus, nutzten die Konferenz als Kontaktbörse und die Chance zur branchenübergreifenden Vernetzung.
Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig sagte anlässlich der Konferenz: »Was für den einen Abfall ist, kann für den anderen ein wertvoller Rohstoff sein! Im Zuge der Defossilisierung der Industrie rücken nachwachsende Rohstoffe in zahlreichen Wirtschaftsbereichen in den Fokus. Sachsens Reichtum an nachwachsenden und biogenen Rohstoffen im Agrar- und Forstsektor sowie die starken Industriezweige Ernährungswirtschaft, Holz-/Papiertechnik und Textilindustrie bieten eine hervorragende Ausgangslage für nachhaltiges Wirtschaften. Der Freistaat hat den strategischen Stellenwert der Bioökonomie erkannt und treibt ihre Entwicklung voran. Daher ist der Themenkomplex Nachwachsende Rohstoffe eine von drei wichtigen Säulen der sächsischen Rohstoffstrategie. Die zahlreichen sächsischen Forschungsakteure auf diesem Gebiet bilden zudem die Grundlage für einen erfolgreichen Innovationstransfer zugunsten der sächsischen Wirtschaft.«
»Für die 1. Sächsische Bioökonomie-Konferenz können wir ein positives Fazit ziehen. Der starke Zuspruch der Teilnehmer und der rege Austausch unterstreichen die Relevanz des Themas für den Wirtschaftsstandort. Die Bioökonomie bietet Chancen in vielen anderen Industriebranchen, die wir hier in Sachsen mit den umfangreichen Kompetenzen in unterschiedlichsten Wertschöpfungsketten gut aufgreifen können. Traditionell kommen die Akteure bisher vor allem aus der Land- und Ernährungswirtschaft und der Holzverarbeitung. Wie sich auf der Konferenz gezeigt hat, gibt es aber auch vielfältige Chancen zum Beispiel in der Textilindustrie, Chemie oder Pharmaindustrie. Dazu gilt es, weitere Wertschöpfungspfade für bisher fossil basierte Produkte zu erschließen. Durch eine effiziente Verknüpfung von Erzeugung und Verarbeitung von Rohstoffen, die Entwicklung und Erprobung innovativer Technologien sowie neue Geschäftsmodelle können die sächsischen Regionen starke Bioökonomie-Cluster werden. Im Rahmen unserer Branchenarbeit wollen wir diese Entwicklung unterstützen und die vielfältigen Möglichkeiten zur Kooperation stärker in den Fokus rücken«, erklärte WFS-Geschäftsführer Thomas Horn.
»Die Bioökonomie kann sich zu einer Schlüsselindustrie mit großem Wachstumspotenzial entwickeln, das es weiter voranzutreiben gilt. Es ist daher essenziell, die Aktivitäten im Bereich der Bioökonomie sichtbarer zu machen, den Austausch zwischen Unternehmen und Wissenschaft zu fördern und so gemeinsam in eine nachhaltige Zukunft zu investieren. In Sachsen sind schon heute 11 Prozent aller Beschäftigten in Branchen der Bioökonomie tätig. Dazu zählen zum Beispiel Unternehmen der Agrarwirtschaft, Lebensmittelproduktion oder im Bereich Bau. Befördert wird die Bioökonomie zudem durch den starken sächsischen Maschinenbau oder die IT-Wirtschaft«, erläuterte Dr. René Backes, Bereichsleiter am Deutschen Biomasseforschungszentrum (DBFZ), der gemeinsam mit seiner Kollegin, Dr. Romy Brödner die Keynote zur Veranstaltung hielt.
Bioökonomische Geschäftsmodelle und Potenziale für sächsische Branchen
Einblicke in bereits erfolgreiche bioökonomische Geschäftsmodelle unterschiedlicher Branchen gaben Unternehmen, wie die PUEVIT GmbH, die Agraset Agrargenossenschaft eG und die Norafin Industries GmbH. Am Marktplatz der Ideen, u.a. mit agronym e. V., BioZ – Biobasierte Innovationen aus Zeitz und Mitteldeutschland, CTC – Center for the Transformation of Chemistry, bioeconomy e. V. sowie dem RKW Sachsen, dem Lehrstuhl für Holztechnik und Faserwerkstofftechnik am Institut für Naturstofftechnik der TU Dresden und dem DBFZ wurde außerdem deutlich, welch enormes Potential branchenübergreifendes Zusammenwirken zukünftig entfalten kann.
Um die Entwicklung der Bioökonomie in speziellen Branchen in Sachsen ging es in drei anschließenden Sessions:
– Land-, Forst- und Holzwirtschaft sind die klassischen Urproduzenten von Naturstoffen. Eine zentrale Zukunftsaufgabe besteht darin, für die Bedarfe unterschiedlichster Wertschöpfungsketten einen intelligenten und ressourceneffizienten Mix von Anbaukulturen zu entwickeln, ohne die Ernährungssicherheit zu gefährden.
– Für die Ernährungswirtschaft werden in der Bioökonomie Potenziale sowohl für die Gewinnung und Erschließung neuer Rohstoffe als auch Wertschöpfungsoptionen aus Rest- und Nebenstoffströmen gesehen.
– In den Sektoren Chemie und Energie steht die Erschließung biogener Ressourcen für die bisher fossil ausgerichteten Industrien im Fokus. Ziel ist es, durch die kaskadische Nutzung von Wertstoffen das Prinzip der Kreislaufwirtschaft voranzutreiben.
Übergreifend über alle Branchen wurde die Wettbewerbsfähigkeit bioökonomischer Ansätze als zentrale Herausforderung artikuliert, die durch die Berücksichtigung positiver externer Effekte – sowohl von der Produktions- als auch von der Konsumseite –, erreichbar ist. Deutlich wurde auch, dass Bioökonomie Bildung braucht, um gesellschaftlich akzeptiert und eingefordert zu werden.
Die 1. Sächsische Bioökonomie-Konferenz wurde von der WFS in Kooperation mit dem Deutschen Biomasseforschungszentrum (DBFZ) im Auftrag des Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (SMWA) organisiert.