Erste 5G-Baustelle Deutschlands ensteht in Dresden
Ein selbstfahrender Bagger, ein kabelloses 5G-Netzwerk mit Baustellencloud und intelligente Werkzeuge – mit Technologien wie diesen kann eine digitalisierte Baustelle den Herausforderungen der Zukunft wie z. B. dem Fachkräftemangel begegnen. Ingenieure der TU Dresden (TUD) entwickeln in einem gemeinsamen 9-Mio.-Euro-Verbundprojekt mit mehr als 20 Partnern neue Maschinen- und Kommunikationstechnologien für eine vollständig vernetzte Baustelle. In den nächsten drei Jahren sollen diese Anwendungen auf der ersten realen 5G-Testbaustelle erprobt werden.
Im Zentrum des Projektes steht die Weiterentwicklung bisheriger Baumaschinen, so dass diese ihre Arbeitsaufgaben automatisiert oder teilautomatisiert ausführen können (Themenschwerpunkt „Digitale mobile Arbeitsmaschinen“). Die Wissenschaftler der TUD konzentrieren sich dabei vor allem auf Erdbewegungsmaschinen wie z. B. hydraulische Bagger. „Die große Herausforderung besteht darin, manuell steuerbare Baumaschinen geschickt durch zusätzliche elektronische Ansteuerungen zu erweitern“, erklärt der Koordinator des Verbundprojektes und Direktor des Institutes für Mechatronischen Maschinenbau an der TU Dresden, Prof. Jürgen Weber.
Bis Bagger, Radlader und Ladekran irgendwann einmal vollkommen selbstständig ihre Arbeit verrichten, ist noch viel Entwicklungsarbeit notwendig. Einen Schritt in diese Richtung stellen digitale Assistenzsysteme dar. Eine VR-Brille kann dem Baggerfahrer z. B. nach der Bodenvermessung einen Blick ins Erdreich der Baustelle und damit auch auf mögliche Versorgungsleitungen gewähren. Intelligente Steuerkonsolen können den Radladerfahrer zum korrekten Erdhaufen navigieren und anzeigen, wieviel Material er dort umschlagen soll. Hierfür muss eine digitale Baustellenlogistik aufgebaut werden (Themenschwerpunkt „Digitale Baustelle“), die immer genau weiß, welches Material oder Werkzeug an welchem Ort ist und zu welcher Zeit wo gebraucht wird. „Ein komplett vernetzter Radlader sendet live das Gewicht seines Schaufelinhaltes an eine Baustellencloud. Die digitale Baustelle überwacht den Ladeprozess und warnt den Maschinenführer rechtzeitig, bevor die erlaubte Achslast des Lasters überschritten wird“, so Weber.
Die Kommunikation zwischen Mensch und Maschine, Maschinen untereinander sowie Maschinen mit der Cloud kann nur mit einer vollumfänglichen Vernetzung und kabellosen Kommunikation funktionieren. Daher entwickeln die Dresdner Ingenieure ein Connectivity-Modul und eine Baustellencloud (Themenschwerpunkt „Vernetzung und Kommunikation“). Die Cloud übernimmt rechenintensive Prozesse und die Datenverwaltung, während das Connectivity-Modul dafür sorgt, dass die Planungsdaten zur Maschine gelangen. „Eine schnelle, stabile und kabellose Datenübertragung ist die Grundvoraussetzung für die digitalisierte Baustelle. Erst die leistungsstarke Drahtlos-Technologie 5G ermöglicht eine Echtzeitkommunikation, mit der alle Bauprozesse und Akteure sowie deren Interaktion digital abgebildet und gestaltet werden können“, so Weber.
„In den Baustellencontainern, in denen heute vor allem Fachkräfte arbeiten und wohnen, werden in Zukunft Serverfarmen Einzug halten“, sagt Weber. Die neuen Vernetzungsmöglichkeiten und Automatisierungsfunktionen sollen in den kommenden drei Jahren auf einer eigens für das Verbundprojekt angelegten Testbaustelle erprobt werden. Das Szenario orientiert sich dabei an Aufgaben, die im Tiefbau notwendig sind. Das Projekt hat Pilotcharakter, da es erstmals den kompletten Kommunikationsweg erforscht – von der Bau- und Prozessplanung über die Baustellenlogistik bis hin zur Maschine. Hierfür werden neue Technologien entwickelt und schlussendlich im realen Baustellenumfeld erprobt.
An dem Verbundprojekt „Bauen 4.0. Effizienz und Produktivitätssteigerung von Bauprozessen durch Vernetzung und Kommunikation mobiler Arbeitsmaschinen“ sind neben der Professur für Fluid-Mechatronische Systemtechnik (Prof. Weber) von der TU Dresden auch die Stiftungsprofessur für Baumaschinen (Prof. Frank Will), der Vodafone Chair für Mobile Nachrichtensysteme (Prof. Gerhard Fettweis) und der Telekom Chair für Kommunikationsnetze (Prof. Frank Fitzek) sowie von der TU München der Lehrstuhl für Fördertechnik Materialfluss Logistik sowie 20 Firmen beteiligt. Das Projekt wird im Rahmen des Forschungsprogramms „Innovationen für die Produktion, Dienstleistung und Arbeit von morgen“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit 4,8 Mio. Euro für die nächsten drei Jahre gefördert. Das Projektvolumen beträgt insgesamt rund 9 Mio. Euro.