bowbike - Das verblüffend leichte Bogenfahrrad aus Chemnitz
Diese jungen Tüftler aus der Technischen Universität Chemnitz haben im wahrsten Sinne des Wortes den Bogen raus: Denn Sven Gläser, Hendrik Berthel und Leon Kontny haben ein ultraleichtes Fahrrad entwickelt, das auf den ersten Blick an das Sportgerät eines Bogenschützen erinnert. „Lediglich das Oberrohr und die Sitzstreben des Fahrradrahmens sind fest miteinander verbunden, das Unterrohr und die Kettenstreben werden durch ein straff gespanntes Seil ersetzt“, berichtet Hendrik Berthel, der vor kurzem noch Sports Engineering studierte und in seiner Abschlussarbeit diese Idee vertiefte. Gemeinsam mit dem frischgebackenen Wirtschaftsingenieur Sven Gläser und dem Maschinenbau-Studenten Leon Kontny will er mit dem sogenannten „bowbike“ (Bogenfahrrad) möglichst bald den Fahrradrahmenbau revolutionieren und den Markt erobern.
„Ein Fahrradrahmen aus Carbon ist im Vergleich zu Aluminium- oder Stahlkonstruktionen federleicht“, sagt Kontny. Diese Gewichtsersparnis habe jedoch ihren Preis, denn ein Fahrrad aus Carbon sei mindestens doppelt so teuer wie ein Aluminiumfahrrad. Dies habe zwei Gründe: „Zum einen sind Carbonfasern viel teurer als Aluminium und zum anderen können Teile aus Carbon nur selten mit einem hohen Automatisierungsgrad gefertigt werden“, erläutert Kontny.
Und genau an dieser Stelle setzt das neuartige Fahrradrahmen-Konzept des dreiköpfigen Gründerteams „bowbike“ an: Die ausschließlich Zugkräfte aufnehmenden Bestandteile des Fahrradrahmens haben die Chemnitzer Nachwuchsforscher durch ein wesentlich leichteres, seilförmiges Medium ersetzt. Und der bisher von Hand aus einem Glasfaserverbundwerkstoff gefertigte obere Teil des Rahmens soll künftig durch eine neuartige Technologie kostengünstig gefertigt werden. „Den entscheidenden Anstoß gab uns dafür die Anschaffung einer Pultrusions-Anlage am benachbarten Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU. Sie eröffnete uns den Zugang zu der Technologie des Strangziehens und den damit verbundenen Möglichkeiten, faserverstärkte Kunststoffprofile herzustellen“, erläutert Berthel.
In den nächsten zwei Jahren wollen die Chemnitzer ihr Gründervorhaben und die Verknüpfung des Fahrradrahmenkonzeptes mit dem Strangziehverfahren vorantreiben. Mithilfe eines EXIST-Gründerstipendiums wollen sie ein verkaufsfertiges Produkt in Serienreife erstellen und parallel an Neuentwicklungen arbeiten. Wissenschaftlich unterstützt werden sie dabei von Prof. Dr. Welf-Guntram Drossel, dem Leiter der Professur für Adaptronik und Funktionsleichtbau in der Produktion an der TU Chemnitz. Dr. Thomas Hipke, Leiter der Abteilung Funktionsintegrierter Leichtbau im Fraunhofer IWU, ist Mentor im Bereich Konstruktion, Berechnung und Pultrusion. Fachlich unterstützt wird das Team auch von Prof. Dr. Stephan Odenwald, Inhaber der Professur Sportgerätetechnik an der TU Chemnitz.
„Unser primäres Ziel ist es, einen in Preis-Leistung unschlagbaren Fahrradrahmen aus Kohlefasern auf den Markt zu bringen - made in Germany“, sagt Gläser. Für Fahrradhändler würden sich so mehrere Vorteile ergeben – etwa die direkte Kommunikation mit dem Hersteller, eine kurzfristige Lieferfähigkeit und ein hoher Qualitätsstandard. „Wir könnten nachfrageorientiert Fahrradrahmen produzieren und wissen durch unsere bisherigen Marktforschungsaktivitäten, dass viele Fahrradhändler eine Produktion in Deutschland der Fertigung in Asien vorziehen würden“, führt Gläser weiter aus.
Die vom „bowbike“-Team forcierte Marktsparte liegt im City-, Trekking-, E-Bike- und Kinderfahrradbereich. „Perspektivisch soll es möglich sein, einen ökologischen Fahrradrahmen aus Biofasern und Biokunststoffen herzustellen“, blickt Berthel voraus. Hauptzielgruppe seien Kunden, die ein günstiges und leichtes Fahrrad mit gutem Design suchen. „Die meisten werden sicher beim Anblick unseres Bogenfahrrades erst einmal verblüfft sein“, so Berthel.
Das Gründungsprojekt „bowbike“ an der TU Chemnitz wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie sowie vom Europäischen Sozialfonds (ESF) seit April 2017 bis Ende März 2018 mit etwa 118.000 Euro gefördert.