Airbus: Bald leichter fliegen dank 3D-Druck aus Chemnitz

Leichter, ressourceneffizienter, umweltschonender: Ein Forschungs-Team der Technischen Universität Chemnitz realisierte im Auftrag von Airbus und Liebherr-Aerospace Lindenberg GmbH einen Hochdruckventilblock im 3D-Druckverfahren, der nun erstmals in einer Flugerprobung in einem A380 eingesetzt wird. Der Hochdruckventilblock ist ein sicherheitsrelevantes Hydraulik-Bauteil und Teil des Spoiler-Aktuators für die primäre Flugsteuerung an den Flügeloberflächen. Gemeinsam mit Liebherr-Aerospace und Airbus entwickelten die Chemnitzer Forscherinnen und Forscher von der Professur Strukturleichtbau und Kunststoffverarbeitung das Design und die technologische Prozesskette zur Umsetzung für die Luftfahrt. Gefördert wurde das Projekt aus Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi).

Ressourcen- und umweltschonende Leichtbau-Technologie

Die zugrundeliegende Technologie des sogenannten „selektiven Laserschmelzens“ erzeugte den Ventilblock aus feinsten Titanpulverschichten. Somit lassen sich höchst komplexe geometrische Formen realisieren, die zu signifikanten Masse-Einsparungen beitragen. Darüber hinaus kann das im Herstellungsprozess nicht verwendete Pulvermaterial erneut eingesetzt werden: „Wir leisten mit diesem Verfahren einen erheblichen Beitrag zur Ressourcenschonung. Nicht nur bei der Fertigung, sondern auch im Flugbetrieb durch verminderten Treibstoffverbrauch“, ordnet Professor Dr. Lothar Kroll die Ergebnisse ein. Kroll ist Sprecher am Chemnitzer Bundesexzellenzcluster „MERGE“ und Inhaber der Professur Strukturleichtbau und Kunststoffverarbeitung der TU Chemnitz. „Hydraulische Bauteile werden aufgrund der hohen Sicherheitsstandards in der Luft- und Raumfahrt mehrfach redundant verbaut, wodurch hier ein großes Potential zur Gewichtseinsparung besteht“, erklärt Kroll weiter.

Das Forschungsteam um Frank Schubert, Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur Strukturleichtbau und Kunststoffverarbeitung, entwickelte zusammen mit Airbus und Liebherr-Aerospace insbesondere neue Designprinzipien für die verwendete 3D-Drucktechnologie. Durch ihre Arbeit schufen die Forscherinnen und Forscher die Basis, damit diese Komponenten den enormen Belastungen während des Lebenszyklus des Flugzeuges standhalten können: „Gerade die Ermüdungseigenschaften des additiv erzeugten Werkstoffs unterscheiden sich erheblich vom konventionellen Schmiedematerial. Hier haben wir zusammen die Gestaltungsvorteile der neuen Technologie effizient genutzt, um insbesondere versagenskritische Bereiche zu optimieren. Das Potenzial des 3D-Druckens ist mit einer realisierten Gewichtseinsparung von 35 Prozent jedoch noch lange nicht erschöpft“, sagt Frank Schubert. 

    

Grundlegende Forschung am Bundesexzellenzcluster „MERGE“

Die Grundlagen für diesen Erfolg legten wichtige Vorarbeiten am Bundesexzellenzcluster „MERGE“ der TU Chemnitz, welche nun in dem vom BMWi geförderten Luftfahrt-Forschungsprojekte weiterentwickelt wurden. „Wir erhoffen uns von den aktuellen Betriebs- und Feldversuchen neue Erkenntnisse, um letzte strukturmechanische Fragestellungen zu klären, die den noch ausstehenden Durchbruch der 3D-Drucktechnologie in der Luft- und Raumfahrt erzielen, sodass in Zukunft durch den systemübergreifenden Technologieeinsatz auch weitere komplexe Bauteile mit einer drastischen Gewichtsreduktion hergestellt werden können. Dadurch können zukünftig der Kerosinverbrauch und damit auch der CO2-Ausstoß reduziert werden, wodurch wir einen wesentlichen Beitrag für den Umweltschutz leisten “, schätzt MERGE-Sprecher Kroll ein. 

In dem bundesweit einzigartigen Cluster MERGE arbeiten seit 2012 etwa 100 Wissenschaftlerinnen, Wissenschaftler sowie Technikerinnen und Techniker an einer Technologiefusion multifunktionaler Leichtbaustrukturen. Ziel ist es, heute noch getrennte Fertigungsprozesse bei der Verarbeitung unterschiedlicher Werkstoffgruppen wie Textilien, Kunststoffe und Metalle zusammenzuführen und mit Sensorik und Aktorik auszustatten. Mehrkomponentenbauteile können dann in Großserie kostengünstiger und energieeffizienter produziert werden. Im Bundesexzellenzcluster sind auch Großunternehmen und zahlreiche kleine und mittlere Unternehmen eingebunden, die komplementär die Wertschöpfungskette „Vom Werkstoff zur Leichtbaustruktur“ abbilden. Die Projektergebnisse des Clusters bedienen führende Märkte der Automobilindustrie, der Luft- und Raumfahrt, des Maschinenbaus und der Mikrosystemtechnik.