Dresdner Forscher tüfteln an Autobatterien aus Carbon
Wissenschaftlern der TU Dresden (TUD) ist es gelungen, eine neue interdisziplinäre Nachwuchsforschergruppe „e-Carbon“ ins Leben zu rufen. In einer Symbiose ihrer Kompetenzen aus den Themenfeldern „Leichtbau mit Carbon“ und „Energiespeicherung“ werden Chemiker, Textilingenieure und Kunststofftechniker in den nächsten drei Jahren gemeinsam maßgeschneiderte und multifunktionale Kohlenstofffasern für die Speicherung hoher Energiedichten entwickeln. Die Ergebnisse sollen der Batterietechnik und der Elektromobilität zum industriellen Durchbruch verhelfen.
Der komplexen Themenstellung widmen sich Nachwuchswissenschaftler vom Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik (ITM), vom Institut für Leichtbau und Kunststofftechnik (ILK) sowie von der Professur für Anorganische Chemie I (AC1). Die interdisziplinäre Ausrichtung des Konsortiums schafft weltweit einzigartige Voraussetzungen für eine intensive wissenschaftliche und industrielle Vernetzung der Nachwuchsforscher in neuen Forschungsgebieten mit hoher praktischer Relevanz auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Qualifizierung und Weiterbildung von Fachkräften für den sächsischen Arbeitsmarkt sowie auf der Ausgründung von Start-Ups und der Übernahme unternehmerischer Verantwortung in der Hochtechnologiebranche.
Professor Chokri Cherif, Koordinator der Nachwuchsforschergruppe und Direktor des ITM: „Die Arbeiten der Nachwuchsforschergruppe geben die Initialzündung für die weiterführende Grundlagen- und anwendungsorientierte Forschung auf dem Gebiet der Kohlenstofffasern. Wir werden einen neuen Maßstab in der Kohlenstofffaserentwicklung setzen und besondere Impulse weltweit ausstrahlen.“
Die notwendigen Maschinentechniken und Gerätschaften entlang der gesamten Entwicklungskette sind an den drei Instituten der TU Dresden bereits installiert. 2016 wurde das Research Center Carbon Fibers Saxony (RCCF) - ein Forschungszentrum für Kohlenstofffasern - durch das ITM und ILK der TU Dresden gegründet, um die einzigartigen Kompetenzen im Bereich der Entwicklung, Erforschung und Herstellung von Kohlenstofffasern frühzeitig am Leichtbaustandort Dresden zu bündeln. Somit steht nun für „e-Carbon“ bereits eine vollständige Stabilisierungs- und Carbonisierungsanlage zur Verfügung.
Mit den neuen Kohlenstofffasern lassen sich nicht nur Steifigkeiten und Festigkeiten noch deutlich erhöhen, die Struktur kann auch für weitere Funktionen gezielt eingestellt werden. Mit ihrer großen inneren Oberfläche, die bisher nicht zugänglich ist, bieten die Kohlenstofffasern ein enormes Potenzial für Energiespeichersysteme, die zukünftig im Fokus der Nachwuchsforschergruppe stehen werden. Dies wird maßgeblich durch ein Porensystem ermöglicht, also durchgängig vernetzte Hohlräume definierter Größe in den Fasern. Ein bedeutender Vorteil bei der erweiterten Energiespeicherung besteht darin, dass hierbei die mechanischen Eigenschaften der konventionellen Kohlenstofffasern nicht beeinträchtigt werden und diese sowohl als Aktivmaterial als auch als Stromableiter fungieren. „Das Maßschneidern der Kohlenstofffasern und die Hybridisierung der Werkstoffe auf der Mikroskala wird deutlich höhere Batteriekapazitäten als bisher erschließen und vollständig neue Konstruktionsbauweisen für die Elektromobilität von der Mikro- bis zur Makroskala ermöglichen“, erklärt dazu Professor Hubert Jäger vom Institut für Leichtbau und Kunststofftechnik (ILK). „Maßgeschneiderte Kohlenstofffasern bedeuten präzise Materialeigenschaften und sind eine Voraussetzung für hochbelastbare und energiereiche Batteriekonzepte mit hohem Leichtbaupotenzial. Das wird unser Beitrag für die Entwicklung neuartiger Elektromobilitätssysteme sein.“
Innerhalb verschiedener Forschungsschwerpunkte der Nachwuchsforschergruppe sollen Energiespeichersysteme auf Basis von Lithium-Schwefel-Batterien mit hoher Energiedichte Anwendung finden und perspektivisch Konzepte zur Übertragung der erarbeiteten Erkenntnisse im Bereich flexibler Doppelschichtkondensatoren mit schneller Energiespeicherung erstellt werden. Der Chemiker Professor Stefan Kaskel stellt heraus: „Die Integration von elektrischen Speicherelementen in Bauteile wird neue Märkte für Kohlenstoffmaterialien eröffnen. Sie bildet einen wichtigen Schritt für die Etablierung dezentraler Energiespeichersysteme“.
Das Projekt wird von der Sächsischen Aufbaubank (SAB) aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert (ESF-SAB 100310387).